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Gedenken an Familie Faber

Pressespiegel

... zur Tafelenthüllung


Westfälische Rundschau vom 11.01.03

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes schlägt Text für Inschrift vor: „Namen der Familie Faber nicht vergessen”

Gedenktafel soll an Ermordung Netphener Juden erinnern

Netphen. Mit einer Gedenktafel will die Stadt Netphen an die jüdische Familie Faber erinnern, die in der Nazi-Herrschaft ermordet wurde.

Nun schlägt die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA)” einen Text vor, der auf der Tafel in der Nähe des ehemaligen Wohnhauses angebracht werden soll.

„Wir begrüßen das ausdrücklich”, schrieb Joe Mertens, für die VVN-Kreisvereinigung Siegerland-Wittgenstein an Netphens Bürgermeister. „Nicht in unserem Sinne ist jedoch, für die Gedenktafel einen allgemeinen, auf alle Opfer des Nationalsozialismus gemünzten Text zu wählen.” Die Nazis hatten den Fabers verwehrt Netphener zu sein. „Die Ausgrenzung gipfelte schließlich in ihrer physischen Vernichtung. Daran müssen wir uns immmer erinnern und deshalb gehören ihre Namen auch auf die Gedenktafel, damit sie nie vergessen werden”, legt Joe Mertens dar.

Dass die Namen sehr wohl auf der Tafel erscheinen sollen, erläuterte gestern Johannes Schneider, persönlicher Referent des Bürgermeisters, auf Anfrage der WR. „Wir wollen aber darüber hinaus auch an die anderen Opfer denken.”. In dem vorgeschlagenen Text wird an die Menschen verachtende Herrschaft der Nazis, an Rassenwahn und Vernichtungskrieg erinnert, denen Millionen zum Opfer fielen: „Juden, Sinti und Roma, Kommunisten, Sozialdemokraten, Homosexuelle, Zwangsarbeiter, Zeugen Jehovas. Auch hier in Netphen müssen Opfer beklagt werden. Wir erinnern uns der Familie Familie Faber. Fabers unterhielten bis zur Zwangsschließung durch die Nazis im Jahre 1938 eine Metzgerei in Netphen und waren angesehene Bürger.” 1941 wurden sie in Auschwitz ermordet.

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Siegener Zeitung vom 13.1.03

Opfer müssen einen Namen haben

Vereinigung spricht sich für individuelles Gedenken an die jüdische Familie Faber aus

avb Netphen. Wie berichtet, hatte die SPD-Fraktion in den Kulturausschuss den Antrag eingebracht, am ehemaligen Wohnhaus der Fabers an der Lahnstraße eine Gedenktafel anzubringen. Der Ausschuss hatte sich schließlich darauf geeinigt, stattdessen im Bereich des Petersplatzes (an der Kapelle oder am geplanten Kulturhaus, dem alten Feuerwehrgerätehaus) an alle jüdischen Bürger der Stadt zu erinnern, die dem Nazi-Terror zum Opfer gefallen sind. Das dürfe jedoch nicht zu einem allgemeinen Text führen, so Mertens.

»Das Besondere am regionalen Gedenken ist es, die allgemeinen historischen Ereignisse in einen regionalen Bezug zu setzen, um den Menschen die Geschichte leichter begreifbar zu machen«, schreibt er an Bartsch. Hinter Opferzahlen ständen einzelne Menschen und individuelle Schicksale. Diese gelte es zu benennen. Noch gebe es Menschen, die sich an die Familie Faber erinnern könnten. Bis zu deren erzwungener Schließung 1938 führten die Fabers eine Metzgerei in Netphen und waren angesehene Bürger. 1941 wurden laut Mertens Vater Gustav, Mutter Klara und die erst 15 Jahre alte Tochter Anita-Ruth mit dem zweiten Transport jüdischer Menschen aus dem Siegerland nach Theresienstadt deportiert, später in das Todeslager Auschwitz, wo sie ermordet wurden.

Zuvor hatte Anita-Ruth eine normale Kindheit in Netphen erlebt. Sie ging zur Schule, bis die Nazis es ihr untersagten, weil sie Jüdin war. »Wenn heutigen Teenagern der Wahnsinn des nationalsozialistischen Terrors deutlich gemacht werden soll, wie ließe sich das besser erklären, als anhand der erschütternden Biografie einer Gleichaltrigen, mit der sie sich identifizieren können?«, fragt Mertens. Die Namen der Opfer gehörten auf eine Gedenktafel, damit sie nicht in Vergessenheit gerieten. Ebenso habe man es im Falle der Ehrentafeln für die Gefallenen der beiden Weltkriege gehalten. Er halte es für falsch, es gerade im Falle der Fabers anders zu handhaben.

Auf offene Ohren trifft dieser Wunsch Mertens’ bei Kulturausschussvorsitzendem Manfred Schröder (CDU). »Die Alteingesessenen kennen die Namen, warum sollten wir sie nicht nennen?«, so Schröder. Im Baugebiet Wellerseifen erinnere bereits die »Gustav-Faber-Straße« an das Familienoberhaupt.

Auf einer Gedenktafel am Petersplatz sollten seiner Ansicht nach jedoch auch die Namen anderer Opfer der Nationalsozialisten genannt werden.

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Westfalenpost vom 14.1.2003

Eine ehrbare Netphener Familie wurde ausgelöscht

Vereinigung der Nazi-Opfer begrüßt Gedenktafel am Petersplatz / Textvorschlag erstellt.

Netphen. (dh) Die Netphener Familie Faber wurde in der Zeit des Nationalsozialismus aus ihrem Heimatdorf verschleppt und in Auschwitz ermordet. Ihre jüdische Herkunft bedeutete das Todesurteil.

Die Gemeinde Netphen erinnerte vor einigen Jahren an dieses dunkle Kapitel in der Netphener Geschichte und benannte eine Straße im Baugebiet Wellerseifen nach Gustav Faber. Der Kreisverband Siegerland-Wittgenstein der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes möchte auch die Mutter Klara und die Tochter Anita Ruth auf einer Gedenktafel gewürdigt sehen.

Der Kulturausschuss der Stadt hatte sich auf Antrag der SPD bereits mit einer solchen Gedenktafel beschäftigt. Sie soll am neuen Kulturhaus am St.-Petersplatz angebracht werden. Das denkmalgeschützte Haus soll demnächst restauriert und für Vereinsnutzungen hergerichtet werden. Wenige Meter entfernt, im Gebäude der heutigen Videothek, hatten die angesehenen Netphener eine Metzgerei betrieben. 1938 verboten die Nazis den Fabers den Weiterbetrieb des Geschäfts, 1941 wurde die Familie verschleppt und ermordet.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes begrüßt in einer Stellungnahme ausdrücklich die Netphener Pläne, an die Fabers zu erinnern. Ihr Sprecher Joe Mertens wünscht sich aber, nicht nur einen allgemeinen Text für die Gedenktafel zu verwenden, sondern die Verfolgung an dem Beispiel der Familie deutlich zu machen und in einen regionalen Bezug zu setzen. Damit sei es leichter, die Geschichte und in diesem Fall die Verbrechen der Nationalsozialisten begreifbar zu machen.

Mertens will den Kreis der Erinnerung weiter ziehen. Welche anderen Gruppen von Verfolgten gab es noch? Wäre es nicht Aufgabe der Stadt, ein Forschungsprojekt zur Geschichte des Nationalsozialismus zu starten? Noch heute gebe es Menschen, die sich an die Familie Faber erinnerten.

Wer heutigen Jugendlichen den Wahnsinn des nationalsozialistischen Terrors deutlich machen wolle, könne dies besonders an der erschütternden Biographie von Anita Ruth Faber deutlich machen, die mit 15 Jahren in das Todeslager Auschwitz gebracht wurde. Bis zur Nazi-Machtergreifung hatte das Mädchen eine normale Kindheit verlebt. Dann wurde ihr der Schulbesuch verboten. Eine Schulfreundin lebt noch heute und erinnert sich an dieses Schicksal.

Für die Gedenktafel am Kulturhaus Petersplatz schlägt der Verein unter anderem folgende Formulierungen vor:

"...Auch hier in Netphen müssen Opfer beklagt werden. Wir erinnern uns der Familie Faber. Fabers unterhielten bis zur Zwangsschließung im Jahre 1938 eine Metzgerei in Netphen und waren angesehene Bürger. Im Jahre 1941 wurde die Familie Faber - der Vater Gustav, die Mutter Klara und die erst 15 Jahre alte Tochter Anita Ruth - mit dem zweiten Transport jüdischer Menschen aus dem Siegerland nach Theresienstadt deportiert, später nach Auschwitz. Dort wurden sie ermordet.

Der Nationalsozialismus hatte in Netphen weniger Anhänger als vielleicht andernorts, dennoch verhinderte niemand ihren Tod. Wir erinnern uns der schrecklichen Taten und unserer Verantwortung, nie wieder Menschen Opfer von Ausgrenzung, Intoleranz und Gewalt werden zu lassen".

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Siegener Zeitung vom 18.1.03

»Bei Fabers gingen wir ein und aus«

Foto: Anitas dritter Geburtstag (40 k)

Eleonore Schmallenbach erinnert sich an ihre jüdische Schulfreundin Anita Ruth

avb Netphen. An die jüdische Familie Faber und an andere Opfer der Nationalsozialisten aus Netphen soll in Zukunft mit einer Gedenktafel am St.-Petersplatz erinnert werden. Der Kulturausschuss schloss sich, wie berichtet, einem entsprechenden Antrag der SPD-Fraktion an. Eleonore Schmallenbach (76) kann sich an die Fabers bestens erinnern, vor allem an deren Tochter Anita Ruth: »Das war meine Nachbarin, Freundin und Schulkameradin.« Die Fabers hatten eine Metzgerei und einen Viehhandel an der Lahnstraße, die Schäfers – Schmallenbachs Familie – ein Bauernhaus direkt gegenüber.

Eleonore Schmallenbach gehört zu denen, die die Erinnerung an damals immer wach gehalten haben. Über Anita Ruth Faber hat sie eine ganze Mappe zusammengestellt. Obenauf ein Bild von Anitas drittem Geburtstag, das waren vergleichsweise glückliche Tage. Eine Schar von Nachbarskindern umringte das Mädchen bei einer kleinen Feier im Garten. 1933 wurden Anita und Eleonore zusammen in der kath. Volksschule in Niedernetphen eingeschult. Gemeinsam mit Röschen Schneider (später Weber) und Ida Göbel (später Werthenbach) bildeten sie ein unzertrennliches Quartett. »Im Hause Faber gingen wir ein und aus«, so Schmallenbach. Dabei bekamen sie auch etwas von der jüdischen Kultur mit. Die Melodie eines hebräischen Gebets, das sie oft in ihrer Kindheit gehört hat, kann Eleonore Schmallenbach heute noch summen. Die Matze, das ungesäuerte Brot, habe Anita Ruth manchmal mit in die Schule gebracht: »Da waren wir alle so scharf drauf.«

Politisch war im Jahr ihrer Einschulung jedoch eine völlig neue Zeit angebrochen. Das wurde auch für die Schulfreundinnen in Netphen immer stärker spürbar. Knicks und Diener weichten dem markigen Hitler-Gruß. 1937 wurden beide Brüder von Eleonore Schmallenbach zum Militär eingezogen: »Das war damals unüblich, dass beide Söhne einer Familie gleichzeitig eingezogen wurden. Wir wären zu gut Freund mit den Juden, hieß es dazu auf dem Amt.« Für Gustav Faber und seine Frau Klara wurde die Luft immer dünner. 1938 mussten sie laut Schmallenbach die Metzgerei schließen. »Das war das einzige jüdische Geschäft in Netphen.« Alfred Kraul, der ein Hotel führte, habe sich rechtzeitig vorher abgesetzt. Außerdem erinnere sie sich an Margot und Max Hirsch, die über dem Gasthof Wilhelm in Niedernetphen wohnten. »Max Hirsch ist nach dem Krieg noch bei meinen Eltern gewesen«, so Schmallenbach – er ist der Vernichtungs-Maschinerie der Machthaber offenbar entkommen.

Ab 1939 durfte Anita Ruth nicht mehr die Schule betreten, auf die schon ihre Mutter und zwei Tanten gegangen waren. Stattdessen wurde sie in das »israelitische Kinderheim« in Köln gesteckt. Von dort aus schrieben sich die Schulfreundinnen Briefe und sahen sich nur noch in den Ferien. Anita bestellte sich bei Eleonore Sketche, die sie mal zusammen bei einem Elternabend aufgeführt hatten, und bekam sie geschickt. Ein letztes Foto zeigt die vier Freundinnen in Festtagskleidern nach ihrer Schulentlassung 1941. Anita Ruth war mit dabei, wenngleich ihr der Schulabschluss fehlte und sie keine Perspektive mehr hatte.

»Klara Faber kam abends oft in unser Haus, und sie wählte dann die Hintertür, um nicht gesehen zu werden. Meine Mutter hat sie, so gut es ging, mit Fehlendem versorgt«, so Schmallenbach. Allerdings wuchs der Druck auf die »Judenfreunde«: Als ihr Vater Gustav Faber erlaubte, ein paar Schafe mit auf seine Weide zu tun, musste er einen halben Tag lang zum Verhör. Die Mädchen brachen aus Angst ihren Kontakt ab. Eleonore Schmallenbach erinnert sich an einen Sonntag, als die drei übrigen Freundinnen spazieren gingen, und Anita Ruth traurig aus dem Faberschen Haus zu ihnen sah – die Münder blieben stumm. »Noch heute muss ich oft an dieses Bild denken und bin traurig, dass ich nicht den Mut hatte, mit ihr zu sprechen.«

Unter der Ächtung rückte die jüdische Familie näher zusammen: Klaras Schwester Berta Lennhoff mit Ehemann Julius und Sohn Heinz zog mit in das Elternhaus in Netphen. Am 27. Juli 1942 wurden die Fabers mit dem zweiten Transport aus dem Siegerland nach Theresienstadt deportiert und kamen später im Todeslager Auschwitz um. Den Lennhoffs blieb eine »Galgenfrist«: Als tüchtigen Schweißer habe man Heinz zunächst noch in der Industrie gebraucht, so Schmallenbach. Der dritte Deportationszug am 27. Februar 1943 nahm allerdings auch sie mit und verschleppte sie über Dortmund nach Auschwitz. Zu Anitas 70. Geburtstag organisierte Eleonore Schmallenbach ein Klassentreffen; ihre Briefe stellte sie, ergänzt um eine persönliche Zeitbeschreibung, dem Aktiven Museum in Siegen zur Verfügung.

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Siegener Zeitung vom 28.07.03

Ort des Gedenkens und der Mahnung

200307287502836

Am St.-Peters-Platz wurde ein Stein zur Erinnerung die jüdische Familie Faber enthüllt

Netphen. »Von 1933 bis 1945 herrschte in Deutschland das menschenverachtende Regime des Nationalsozialismus, dessen Rassenwahn und Vernichtungskrieg Millionen von Menschen zum Opfer fielen. Auch in Netphen müssen Opfer beklagt werden. In der damaligen Sieg-Lahn-Straße 4 in Netphen wohnte die jüdische Familie Faber: Vater Gustav, Mutter Klara und die erst 15 Jahre alte Tochter Anita Ruth. Fabers unterhielten bis zur Zwangsschließung durch die Nazis im Jahre 1936 eine Metzgerei und waren angesehene Bürger. 1942 wurden sie nach Theresienstadt deportiert, später nach Auschwitz. Dort wurden sie ermordet. Wir erinnern uns der schrecklichen Taten und unserer Verantwortung, nie wieder Menschen Opfer von Ausgrenzung, Intoleranz und Gewalt werden zu lassen.« Diese Worte sind auf einer Bronzetafel zu lesen, die an einem 2 Tonnen schweren Findling am St.-Peters-Platz angebracht ist.

Gestern, an dem Tag, an dem die Familie Faber ins KZ Theresienstadt verschleppt worden war, wurde der Gedenkstein von Bürgermeister Rüdiger Bartsch und Joachim Mertens von der »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten« (VVN-BdA) vor etwa 100 Anwesenden enthüllt.

»Wir treffen uns heute in der Nähe eines Wohnhauses, in dem die jüdische Familie Faber gewohnt hat«, begann Bartsch seinen Redebeitrag. Die Familie habe unter dem fanatischen Judenhass der Nationalsozialisten gelitten. Doch der größte Teil der Netpher Bevölkerung habe kein schlechtes Verhältnis zu den jüdischen Mitbürgern und der Familie Faber gehabt, wie eine Zeitzeugin und damals beste Freundin Anita Fabers, Eleonore Schmallenbach, noch heute belege. Von ihr sei auch damals die Idee zu dem Gedenkstein gekommen, berichtete Bartsch später im SZ-Gespräch. Auf Antrag der SPD-Fraktion sei von Kulturausschuss und Rat am 26. Juni 2001 dann ein entsprechender Beschluss auf den Weg gebracht worden.

»Ein Anbringen der Tafel am damaligen Wohnhaus der Familie Faber erschien ungeeignet, weil sich in dem Haus heute eine Videothek befindet, und die Gedenktafel schlechterdings neben der Werbung für den neusten amerikanischen Actionfilm hängen sollte«, erläuterte Bartsch in seiner Rede. So sei die Idee zu dem Gedenkstein gereift. »Unüberhörbar klagen die Namen uns an. Und wir erinnern uns heute, indem wir diese Anlage mit einem Gedenkstein als Ort des Gedenkens an die Familie Faber einrichten.« Besonders dankte Bartsch Künstler Bernd Heinemann, der zusammen mit der Kunstgießerei Köhler und Göbel aus Erndtebrück diese Gedenktafel gestaltet hat und den »fleißigen Händen unseres Bauhofes«. Finanziell unterstützt wurde die Anlage durch die ev., freie ev. und kath. Kirchengemeinden sowie der VVN-BdA.

»Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig«, zitierte Joachim Mertens den Schwur der Überlebenden des KZ’s Buchenwald. Dieser Schwur sei später das Leitmotiv der VVN-BdA geworden. »Heute haben jüngere Genrationen den Schwur aufgenommen und sind in seinem Geiste tätig, z.B. indem sie die Erinnerung an das Verbrechen an der Familie Faber wach halten.«

»Es ist nichts darüber bekannt, dass sich hier in Netphen Menschen widersetzten als man Fabers, mit denen man jahrelang friedlich zusammengelebt hatte, auf einmal zu Todfeinden erklärte«, so Mertens. Mit der Errichtung einer Gedenkstätte für die Familie Faber habe die Stadt Netphen einen Ort geschaffen, der die Menschen heute und in Zukunft daran erinnern solle, nie wieder Menschen Opfer von Ausgrenzung, Intoleranz und Gewalt werden zu lassen.

Der Petersplatzverein »begrüßt den Standort der Gedenkstätte«, wie dessen Vorsitzender Manfred Schröder gegenüber der SZ äußerte. »Wenn es passend ist, werden wir den Stein mit in unsere Veranstaltungen einbeziehen.« Als Zeichen der Solidarität ließ der Verein nach der Veranstaltung die Glocken läuten.

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Westfälische Rundschau vom 28.07.2003

"Ihre Namen klagen uns an"

Netphen. Mit einem Gedenkstein erinnert die Stadt Netphen an die jüdische Familie Faber, die 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Rund 100 Bürger, Angehörige der Kirchen, des Rates und der Verwaltung waren dabei, als Bürgermeister Rüdiger Bartsch auf dem Petersplatz den Stein enthüllte.

Die Inschrift auf der Bronzetafel, die der Netphener Künstler Bernd Heinemann gestaltete, ruft dazu auf, nie wieder Menschen Opfer von Ausgrenzung, Intoleranz und Gewalt werden zu lassen. Unter dem Zeichen von Yad Vashem, der nationalen Gedenkstätte an den Holocaust in Israel, stehen darauf die Namen der Familie - die von Klara und Gustav Faber und ihrer Tocher Anita, die nur 15 Jahre alt wurde.

Rüdiger Bartsch erinnerte an das Schicksal der Familie, die einst eine Metzgerei in Netphen betrieb und für die während der Nazi-Herrschaft eine böse Zeit begann. „Wir wissen, dass Gustav Faber wiederholt mit seiner Familie Gift nehmen wollte. Denn das Leben für ihn und seine Familie war im Netpherland, das er doch als seine Heimat liebte, unerträglich geworden.” Vor 61 Jahren, am 27. Juli 1942, wurden die Fabers in das KZ Theresienstadt verschleppt. Bartsch: „Unüberhörbar klagen ihre Namen uns an.”

Joachim Mertens, Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Kreisvereinigung Siegerland, wies in auf die erschreckende Zahl antisemitisch motivierter Straftaten im Bundesgebiet hin. Es gehöre wieder „zur deutschen Normalität”, dass der Antisemitismus sein hässliches Gesicht unverhohlen in der Öffentlichkeit zeige. Und: „ Es ist nichts darüber bekannt, dass sich hier in Netphen Menschen widersetzten, als man Fabers, mit denen man Jahre lang friedlich zusammengelebt hatte, auf einmal zu Todfeinden erklärte, sie aus der Gemeinschaft ausschloss und diskriminierte, man ihnen sogar das Lebensrecht absprach.” Der Gedenkstein soll „uns vor allem auch daran erinnern, Mut und Zivilcourage zu haben.”


Radio Siegen vom 28.07.2003

Am St.-Peters-Platz in Netphen ist gestern die Gedenkstätte zu Ehren der Netpher Familie Faber eingeweiht worden. Ein großer Stein mit einer Gedenktafel soll an Gustav, Klara und deren Tochter Anita-Ruth Faber erinnern, die Opfer der Nazis wurden.

Joachim Mertens von der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes und Bund der Antifaschisten hofft durch diesen Gedenkstein etwas bewegen zu können:

[Mertens] Weil ich denke, dass wir daraus den Mut schöpfen können, heute uns gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu wehren. Aufzuwachen und sehen, dass es Menschen in diesem Land schlecht geht, dass sie diskreminiert werden auf Grund ihrer Hautfarbe, ihrer Religionszugehörigkeit und dass wir das nicht hinnehmen.

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Westfalenpost vom 29.07.2003

Mahnung und Ermunterung

Gedenktafel erinnert an jüdische Familie

Von Jürgen E. Arndt

Netphen. (wp) 61 Jahre nach der Deportation der jüdischen Netphener und ihrer Ermordung durch die Schergen der Nationalsozialisten im Konzentrationslager Theresienstadt und 58 Jahre nach Kriegsende gibt es jetzt einen Gedenkstein für die Netphener Familie Faber.

Der Stein mit der Bronzetafel wurde jetzt durch Netphens Bürgermeister Rüdiger Bartsch und dem Vertreter des Kreisvereinigung Siegerland-Wittgenstein der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), Joachim Mertens, auf dem St. Petersplatz enthüllt Mit dabei die ehemaligen Mitschülerinnen von Anita Faber, Eleonore Schmallenbach und Rosa Weber. Der Gedenkstein mit einer Gedenktafel erinnert an die Opfer der NS-Gewaltherrschaft und die jüdische Familie Faber.

Auf Anregung der SPD-Fraktion hatte der Kulturausschuss im Juni 2001 den Beschluss gefasst, eine Gedenktafel an geeigneter Stelle auf dem St. Petersplatz anzubringen. Der Netphener Künstler Bernd Heinemann hat gemeinsam mit der Kunstgießerei Köhler und Göbel aus Erndtebrück die Gedenktafel gestaltet, der Bauhof die Aufstellung auf dem St. Petersplatz bewerkstelligt.

In seiner Rede vor jungen Leuten unter anderem aus dem Verein für christlich-jüdische Zusammenarbeit und dem VVN-BdA, sowie Kommunalpolitikern, den Geistlichen beider Konfessionen und der freien evangelischen Gemeinde sowie Vertretern der Ortsvereine hielt Bürgermeister Bartsch Rückschau und erinnerte an den fanatischen Judenhass des NS-Regimes und all` derjenigen, die ihm treu und blind ergeben waren.

„Ich weiß aber, dass der größte Teil der Bevölkerung kein schlechtes Verhältnis zu den jüdischen Mitbürgern und insbesondere zur Familie Faber hatte, die sich in ihrer Nachbarschaft einer guten Achtung erfreute”, stellte der Bürgermeister fest. Belegt wurde dies durch die Zeitzeugin Eleonore Schmallenbach, damals die beste Freundin von Anita Faber.

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig”, zitierte Joachim Mertens den Schwur der Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald wenige Tage nach ihrer Selbstbefreiung.

Ein Schwur, so Joachim Mertens, der später auch das Leitmotiv der 1947 gegründeten Organisation VVN-BdA geworden sei. Der Verein möchte Erinnerungsarbeit leisten, die auch in die Gegenwart und Zukunft reicht, um derartige Greueltaten auszuschließen. Er warnte vor den Neo-Nazis im alten Geist, die auch heute durch unsere Städte ziehen, prangerte die Ausgrenzung und tätlichen Angriffe auf ausländische Mitbürger an und übte Kritik an dem einen oder anderen Schulmeister und die latent vorhandene antisemitische Einstellung bei jedem fünften Deutschen (Forsastudie 1998).

Die neu geschaffene Gedenkstätte möge daran erinnern, dass nie wieder Menschen Opfer von Ausgrenzung, Intoleranz und Gewalt werden, dazu ermuntern, Mut und Zivilcourage zu haben. Als Abschluss der Gedenkstunde läutete die Glocke der St. Peterskapelle.

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